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Bericht vom Nachbarinnentreffen „round the baltic sea“
in Tallinn/Estland vom 29.05. – 03.06.2019
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Zum 9. Mal fand das Nachbarinnentreffen „round the baltic sea“ statt. In diesem Jahr hatten die estnischen Frauen um Pille Mägila und Lii Lilleoja die inhaltliche und örtliche Organisation übernommen. Herzlichen Dank dafür! Sie hatten als Tagungsort das wunderbare „Pirita Kloster“, ein Kloster vom schwedischen Birgittenorden, ausgewählt, ein wirklich hervorragender Tagungsort!
Am Nachbarinnentreffen nahmen 22 Frauen aus 8 Nationen teil (Estland, Litauen, Polen, Weißrussland, Finnland, Schweden, Schottland und Deutschland). Ebenso vielfältig waren die christlichen Denominationen (Methodisten, Baptisten, finnisch orthodox, russisch orthodox, römisch katholisch, evangelisch reformiert, evangelisch lutherisch und presbyterianisch), also eine richtige ökumenische Veranstaltung!
Das Nachbarinnentreffen stand unter dem Bibelwort aus Römer 14, 19:
„Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.“
Die Morgen- und Abendandachten wurden von den Teilnehmerinnen gestaltet. Beeindruckend war es, die Texte und Gebete in verschiedenen Sprachen zu hören.
Das inhaltliche Programm war sehr abwechslungsreich gestaltet:
Am 1.Arbeitstag hielt Helina-Diana Helmdorf eine Bibelarbeit zum Leitthema, danach erfuhren wir etwas über die Geschichte des Pirita-Klosters und machten eine kleine Exkursion zur alten Ruine.
Am Nachmittag wurde mit Dr. Einike Pilli an der Frage „Wie finden wir Frieden“ gearbeitet. Abends gab es von den deutschen Frauen einen kreativen Workshop mit Fragen zum Frieden in Europa, der zu vielen Diskussionen anregten und sehr unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen deutlich machte.
Am 2. Arbeitstag wurden wir von Holger Oidjärv mit einer handwerklichen Aufgabe überrascht, die Fingerfertigkeit verlangte! Es sollten Schmetterlinge in Fadenspanntechnik auf akribisch vorbereiteten Nagelbildern erstellt werden. Trotz großer Konzentration wurde viel gelacht dabei und geredet und es entstanden lauter bunte Schmetterlinge, vielleicht als Symbol für Netzwerke, für lange und verschlungene Wege. Schmetterlinge fragen nicht nach Grenzen!
Am Nachmittag ging es mit Mari-Ann Kelam um Frieden auf unserem Kontinent. Wir erfuhren dabei auch von der bewegenden persönlichen Geschichte von Frau Kelam, die in einem deutschen Flüchtlingslager geboren wurde und in den USA aufwuchs.
Am Abend besuchten wir die baptistische Gemeinde in der Nähe und feierten dort unsere Abendandacht.
Am 3. Arbeitstag stellte Pia Ruotsala den Friedensprozess in den Kontext zum Verhalten in Familien.
Es folgte die Exkursion in das estnische Open-Air-Museum, wo es viel über die frühere Geschichte und das Leben in Estland zu erfahren gab. Am Abend erfolgte ein Überblick über das europäische Coordination Comitee durch Fiona Buchanan. Sie berichtete außerdem vom letzten Forums-Treffen auf Korfu.
Am 4.Arbeitstag (Sonntag) nahmen wir am Gottesdienst in der großen methodistischen Kirche teil, wo wir anschließend auch ein wunderbares Mittagessen serviert bekamen. Ein gemeinsamer Imbiss gehört dort im Anschluss an den Gottesdienst dazu. Am Nachmittag besuchten wir das Ukrainische Kulturzentrum mit seiner Kunstschreibwerkstatt. Danach hatten wir bei herrlichem Sommerwetter Gelegenheit, das Altstadtfestival zu besuchen, bevor es am Abend den kulturellen „Abschiedsabend“ gab. Die Frauen aus Weißrussland zeigten uns die Technik des traditionellen Strohflechtens und es entstanden wieder kleine Kunstwerke. Die Menschen dort leiden bis heute unter den Folgen der Tschernobyl-Katastrophe und versuchen auch mit der Kunst eine Bewältigungsstrategie.
Am Montag hieß es Abschiednehmen!
Es waren bewegende Tage für uns alle. Besonders in den Vorträgen der estnischen Referentinnen kamen immer wieder unsere unterschiedlichen Denkansätze, Glaubenspraxen, Erfahrungshorizonte, Frauenbilder etc. zum Ausdruck. Aber das ist ja auch das Kostbare an diesen Begegnungstagungen: Our differences enrich us!, und dieser Schatz“ ist im Laufe der stetigen Neighbours in Europe Meetings ( seit 1995!) kontinuierlich gewachsen und zu einem wichtigen Grundstein für den interkulturellen und interreligiösen Dialog in Europa geworden.
Europa als Friedensprojekt ist in den Ländern kein Thema, auch nicht in Schweden oder Finnland. Aber alle Veranstaltungen haben zu Diskussionen angeregt, aufgewühlt, es war eine wirklich ökumenische Gemeinschaft zu spüren, wir haben zusammen gebetet und viel Freude am gemeinsamen Singen gehabt.
Das Ziel, Frauen ins Gespräch zu bringen, etwas von den Lebenswirklichkeiten in ihren Kontexten zu erfahren, Anregungen aufzunehmen und daran weiter zu arbeiten, wurde erreicht und der Wunsch nach einem weiteren Treffen war klar spürbar. Ein besonderes Ziel ist auch, dass es kein Problem mehr war für die estnischen Frauen, die Flüsterübersetzung für die weißrussischen Frauen zu übernehmen. Russisch ist eine Sprache, aber nicht gleichzusetzen mit Russland. Es steht die einzelne Frau im Vordergrund
Die schwedische Pfarrerin Evelina Hermansson ist hochmotiviert heimgekehrt, mit der Idee eine ÖFCFE Gruppe in Nordschweden zu gründen.
Ein Bonhoefferwort aus „Letters and Papers from Prison“, das Pia Ruotsala mit auf den Weg gab, ist auch für uns ein gutes Schlusswort: “We must learn to regard people less in the light of what they do or omit to do and more in the light of what they suffer“.
Danksagung
Das Nachbarinnentreffen konnte durch Ihre finanzielle Unterstützung wieder stattfinden! Wir danken herzlich für den privaten Spendenaufruf von Waltraud Liekefett und den vielen Spenderinnen und Spendern, dem Gustav-Adolf-Werk, den Landeskirchen Braunschweig und Hannover sowie dem Jaqueline-Stuyt-Legacy-Fund des EFECW, die immer wieder bereit sind, diesen Weg der Begegnung und Verständigung zu unterstützen.
Der Bericht wurde von Frauen der deutschen Gruppe gemeinsam erstellt.
Für die Gruppe:Mechthild Böcher
2019: Nachbarinnentreffen (*.pdf-Datei, 1 MB)